Nachtrag:
RICHTLINIE 2005/39/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 7. September 2005
zur Änderung der Richtlinie 74/408/EWG des Rates über Kraftfahrzeuge hinsichtlich der Sitze,
ihrer Verankerungen und Kopfstützen
(Text von Bedeutung für den EWR)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,
auf Vorschlag der Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (
1
,(
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (
2
,(
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Forschungsergebnisse zeigen, dass Sicherheitsgurte und
Haltesysteme bei Unfällen, selbst mit Überschlag, die
Schwere der Verletzungen und die Zahl der Getöteten
deutlich vermindern können. Die Ausstattung aller Fahrzeugklassen mit Sicherheitsgurten und Haltesystemen
wird mit Sicherheit eine deutliche Verbesserung der Verkehrssicherheit mit sich bringen und Menschenleben retten.
(2) Die Ausstattung aller Fahrzeuge mit Sicherheitsgurten ist
von erheblichem gesellschaftlichem Nutzen.
(3) Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung
vom 18. Februar 1986 zu gemeinschaftlichen Maßnahmen zur Verringerung der Zahl der Straßenverkehrsunfälle im Rahmen des Programms für das Jahr der
Straßenverkehrssicherheit (
3
) auf die Notwendigkeit hingewiesen, das Anlegen von Sicherheitsgurten für alle
Fahrzeuginsassen, auch für Kinder, zur Pflicht zu
machen, außer in öffentlichen Verkehrsmitteln. Für den
Einbau von Sicherheitsgurten und/oder Haltesystemen
muss deshalb zwischen Omnibussen des öffentlichen
Verkehrs und anderen Fahrzeugen unterschieden werden.
(4) Nach der Richtlinie 70/156/EWG des Rates vom
6. Februar 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (
4
) ist das EG-Typgenehmigungsverfahren seit dem 1. Januar 1998 lediglich auf alle Neufahrzeuge der Klasse M1
anwendbar.
Folglich müssen nur ab diesem Datum typgenehmigte
Fahrzeuge der Klasse M1
mit Sitzen, Sitzverankerungen
und Kopfstützen ausgerüstet werden, die der Richtlinie
74/408/EWG (
5
) entsprechen.
(5) Bis das EG-Typgenehmigungsverfahren für alle Fahrzeugklassen verbindlich wird, sollte im Interesse der Verkehrssicherheit auch für andere Fahrzeugklassen als M1
der Einbau von Sitzen und Sitzverankerungen vorgeschrieben werden, die den Einbau von Sitzgurtverankerungen zulassen.
(6) Die Richtlinie 74/408/EWG enthält bereits alle technischen und administrativen Vorschriften für die Typgenehmigung von Fahrzeugen anderer Klassen als M1
Die .
Mitgliedstaaten brauchen deshalb keine weiteren Vorschriften zu erlassen.
(7) Seit Inkrafttreten der Richtlinie 96/37/EG der Kommission vom 17. Juni 1996 zur Anpassung der Richtlinie
74/408/EWG des Rates (
6
) haben einige Mitgliedstaaten
die darin enthaltenen Vorschriften für einige andere
Fahrzeugklassen als M1
bereits verbindlich gemacht. Die
Hersteller und ihre Zulieferer haben daraufhin entsprechende technische Lösungen entwickelt.
(8) Forschungsergebnisse zeigen, dass Sicherheitsgurte den
Insassen auf nach der Seite gerichteten Sitzen nicht denselben Schutz bieten können wie auf nach vorn gerichteten Sitzen. Es ist deshalb aus Sicherheitsgründen notwendig, nach der Seite gerichtete Sitze für bestimmte Fahrzeugklassen zu verbieten.
(9) Die Bestimmungen, denen zufolge nach der Seite gerichtete Sitze mit Zweipunkt-Sicherheitsgurten in bestimmten Unterklassen der Fahrzeugklasse M3
zulässig sind,
sollten vorübergehend, bis zum Inkrafttreten von Rechtsvorschriften der Gemeinschaft zur Neufassung der Richtlinie 70/156/EWG und zur Ausdehnung der Betriebserlaubnis der Gemeinschaft auf alle Fahrzeuge, einschließ-
lich der Fahrzeuge der Fahrzeugklasse M3,
gelten.
(10) Die Richtlinie 74/408/EWG sollte entsprechend geändert
werden.
30.9.2005 DE Amtsblatt der Europäischen Union L 255/143
)
1
) ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 6.
)
2
) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 17. Dezember
2003 (ABl. C 91 E vom 15.4.2004, S. 487), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 24. Januar 2005 (ABl. C 111 E vom
11.5.2005, S. 33), Standpunkt des Europäischen Parlaments vom
26. Mai 2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und
Beschluss des Rates vom 12. Juli 2005.
)
3
) ABl. C 68 vom 24.3.1986, S. 35.
)
4
) ABl. L 42 vom 23.2.1970, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch
die Richtlinie 2004/104/EG der Kommission (ABl. L 337 vom
13.11.2004, S. 13).
)
5
) ABl. L 221 vom 12.8.1974, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch
die Beitrittsakte von 2003.
)
6
) ABl. L 186 vom 25.7.1996, S. 28.(11) Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Verbesserung
der Sicherheit im Straßenverkehr durch die Vorschrift,
Fahrzeuge bestimmter Klassen mit Sicherheitsgurten auszustatten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des
Umfangs der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene
zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit
dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht
diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses
Ziels erforderliche Maß hinaus —
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Änderung der Richtlinie 74/408/EWG
Die Richtlinie 74/408/EWG wird wie folgt geändert:
1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:
a) Dem Absatz 1 wird folgender Unterabsatz angefügt:
„Fahrzeuge der Klassen M2 und M3 werden gemäß
Anhang I Abschnitt 2 der Richtlinie 2001/85/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001 über besondere Vorschriften für Fahrzeuge zur
Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer
dem Fahrersitz (*) in Unterklassen unterteilt.
(*) ABl. L 42 vom 13.2.2002, S. 1.“
b) Absatz 2 erhält folgende Fassung:
(2) „Diese Richtlinie gilt nicht für nach hinten gerichtete Sitze.“
2. Folgender Artikel wird eingefügt:
„Artikel 3a
(1) Der Einbau nach der Seite gerichteter Sitze in Fahrzeuge der Klassen M1
, N1
, M2
(der Unterklassen III oder B)
und M3
(der Unterklassen III oder B) ist untersagt.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Krankenwagen und für die in
Artikel 8 Absatz 1 erster Gedankenstrich der Richtlinie
70/156/EWG genannten Fahrzeuge.
(3) Absatz 1 gilt ferner nicht für Fahrzeuge der Klasse
M3 (der Unterklassen III oder B) mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von mehr als 10 Tonnen, in denen im
rückwärtigen Teil des Fahrzeugs nach der Seite gerichtete
Sitze so gruppiert sind, dass sie einen integrierten Salon
mit bis zu 10 Sitzen bilden. Derartige nach der Seite gerichtete Sitze sind zumindest mit einer Kopfstütze und einem
Zweipunkt-Sicherheitsgurt mit Aufrollsystem ausgestattet,
die gemäß der Richtlinie 77/541/EWG des Rates (*) typengenehmigt sind. Die Verankerungen für ihre Sicherheitsgurte
entsprechen der Richtlinie 76/115/EWG des Rates (**).
Diese Ausnahme gilt für fünf Jahre ab dem 20. Oktober
2005 Sie kann verlängert werden, wenn verlässliche Unfallstatistiken verfügbar sind und die Rückhaltesysteme weiterentwickelt wurden.
(*) ABl. L 220 vom 29.8.1977, S. 95. Zuletzt geändert
durch die Beitrittsakte von 2003.
(**) ABl. L 24 vom 30.1.1976, S. 6. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 96/38/EG der Kommission
(ABl. L 187 vom 26.7.1996, S. 95).“
3. Der Anhang II wird wie folgt geändert:
a) Die Nummer 1.1 erhält folgende Fassung:
1.1. „Die Vorschriften dieses Anhangs gelten nicht für
nach hinten gerichtete Sitze oder für an diesen Sitzen befestigte Kopfstützen.“
b) Die Nummer 2.3 erhält folgende Fassung:
2.3. „‚Sitz‘ eine Struktur einschließlich Polsterung und
Bezug, die fester Bestandteil der Fahrzeugstruktur
sein kann, und die einen Sitzplatz für einen Erwachsenen bietet. Der Begriff bezeichnet sowohl einen
Einzelsitz als auch den Teil einer Sitzbank, der
einem Sitzplatz für eine Person entspricht.
Seiner Orientierung entsprechend bezeichnet ein:
2.3.1. ‚nach vorn gerichteter Sitz‘ einen Sitz, der während der Fahrt benutzt werden kann und so nach
vorn gerichtet ist, dass die senkrechte Mittelebene
des Sitzes mit der senkrechten Mittelebene des
Fahrzeugs einen Winkel von weniger als + 10o
oder - 10o
bildet;
2.3.2. ‚nach hinten gerichteter Sitz‘ einen Sitz, der während der Fahrt benutzt werden kann und so nach
hinten gerichtet ist, dass die senkrechte Mittelebene des Sitzes mit der senkrechten Mittelebene
des Fahrzeugs einen Winkel von weniger als + 10
o
oder - 10
o
bildet;
2.3.3. ‚nach der Seite gerichteter Sitz‘ einen Sitz, der in
Bezug auf seine Ausrichtung zur senkrechten Mittelebene des Fahrzeugs nicht den Begriffsbestimmungen der Nummern 2.3.1 und 2.3.2 entspricht.“
c) Die Nummer 2.9 wird gestrichen.
4. Anhang III Nummer 2.5 erhält folgende Fassung:
2.5. „‚Sitz‘ eine Struktur einschließlich Polsterung und Befestigungsteilen, die fester Bestandteil der Fahrzeugstruktur sein kann, die zur Verwendung in einem Fahrzeug
vorgesehen ist und einen Sitzplatz für einen oder mehrere Erwachsene bietet.
DE L 255/144 Amtsblatt der Europäischen Union 30.9.2005Seiner Orientierung entsprechend bezeichnet ein:
2.5.1. ‚nach vorn gerichteter Sitz‘ einen Sitz, der während
der Fahrt benutzt werden kann und so nach vorn
gerichtet ist, dass die senkrechte Mittelebene des Sitzes mit der senkrechten Mittelebene des Fahrzeugs
einen Winkel von weniger als + 10
o
oder - 10
o
bildet;
2.5.2. ‚nach hinten gerichteter Sitz‘ einen Sitz, der während
der Fahrt benutzt werden kann und so nach hinten
gerichtet ist, dass die senkrechte Mittelebene des Sitzes mit der senkrechten Mittelebene des Fahrzeugs
einen Winkel von weniger als + 10
o
oder - 10
o
bildet;
2.5.3. ‚nach der Seite gerichteter Sitz‘ einen Sitz, der in
Bezug auf seine Ausrichtung zur senkrechten Mittelebene des Fahrzeugs nicht den Begriffsbestimmungen
der Nummern 2.5.1 und 2.5.2 entspricht.“
5. Anhang IV wird wie folgt geändert:
a) Die Nummer 1.1 erhält folgende Fassung:
1.1. „Die Vorschriften dieses Anhangs gelten für Fahrzeuge der Klassen N1
, N2
und N3
sowie für Fahrzeuge der Klassen M2
und M3
, die nicht unter
Anhang III fallen. Mit Ausnahme der Bestimmungen
in Nummer 2.5 gelten diese Vorschriften auch für
nach der Seite gerichtete Sitze in allen Fahrzeugklassen.“
b) Die Nummer 2.4 erhält folgende Fassung:
2.4. „Alle nach vorn klappbaren Sitze oder Sitze mit
umklappbaren Rückenlehnen müssen in der Normalstellung selbsttätig einrasten. Diese Anforderung
gilt nicht für Sitze, mit denen Rollstuhl-Stellplätze
von Fahrzeugen der Unterklassen I, II oder A innerhalb der Klassen M2
oder M3
ausgestattet sind.“
Artikel 2
Anwendung
(1) Ab dem 20. April 2006 dürfen die Mitgliedstaaten in
Bezug auf Sitze, ihre Verankerungen und Kopfstützen, die den
Vorschriften dieser Richtlinie entsprechen,
a) weder für einen Fahrzeugtyp die Erteilung der EG-Typgenehmigung oder der Betriebserlaubnis mit nationaler Geltung verweigern,
b) noch die Zulassung, den Verkauf oder die Inbetriebnahme
neuer Fahrzeuge verbieten.
(2) Ab dem 20. Oktober 2006 dürfen die Mitgliedstaaten für
neue Fahrzeugtypen in Bezug auf Sitze, ihre Verankerungen
und Kopfstützen, die den Vorschriften dieser Richtlinie nicht
entsprechen,
a) die EG-Typgenehmigung nicht mehr erteilen,
b) die Betriebserlaubnis mit nationaler Geltung nicht mehr
erteilen.
(3) Ab dem 20. Oktober 2007 müssen die Mitgliedstaaten in
Bezug auf Sitze, ihre Verankerungen und Kopfstützen, die den
Vorschriften dieser Richtlinie nicht entsprechen,
a) Übereinstimmungsbescheinigungen für Neufahrzeuge als für
die Zwecke des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie
70/156/EWG nicht mehr gültig ansehen;
b) die Zulassung, den Verkauf oder die Inbetriebnahme von
Neufahrzeugen verweigern, soweit nicht Artikel 8 Absatz 2
der Richtlinie 70/156/EWG geltend gemacht wird.
Artikel 3
Umsetzung
(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser
Richtlinie bis zum 20. April 2006 nachzukommen. Sie setzen
die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
(2) Sie wenden diese Vorschriften ab dem 21. April 2006
an.
(3) Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen,
nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie
Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
(4) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut
der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie
auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
Artikel 4
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 5
Adressaten
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Straßburg am 7. September 2005.
Im Namen des Europäischen
Parlaments
Der Präsident
J. BORRELL FONTELLES
Im Namen des Rates
Der Präsident
C. CLARKE
30.9.2005 DE Amtsblatt der Europäischen Union L 255/145
..siehe auch
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2005:255:0143:0145:DE:PDF