von tiemo » Dienstag 23. Mai 2017, 09:05
Moin Christian!
Ich sehe das nicht so problematisch. Wir können hier sicher nicht Vieles veröffentlichen, was Autodiebe nicht sowieso schon wissen. Diese dürften weit besser informiert sein als wir hier. Das System "Safety by obscurity" (Sicherheit durch Unwissenheit) richtet sich meist eher gegen die rechtmäßigen Benutzer, ich halte nichts davon. Im Gegenteil, wir können Gelegenheitsdieben darstellen, dass sie an einem gesicherten Fahrzeug garnicht erst weitermachen müssen und sich besser ein leichteres "Opfer" suchen oder es sein lassen, und LT-Fahrern ermöglichen, durch besseres Wissen ihr Fahrzeug sinnvoll zu schützen.
Die Wegfahrsperre ist natürlich kein 100%-Diebstahlschutz, sie verhindert ja nur das Wegfahren des Fahrzeugs aus eigener Kraft.
Selbstverständlich kann sie mit entsprechendem Aufwand auch übergangen werden, das sind keine Geheimnisse, nur schreckt dieser Aufwand Gelegenheitsdiebe dadurch ab, dass sie entweder nicht in der Lage sind, es zu bewerkstelligen, oder aber die Zeitverzögerung durch den Aufwand für sie eine Gefahr darstellt. Profis lächeln und nehmen den LT eben ohne eigenen Antrieb mit, oder lassen ihn "zugunsten" eines anderen Fahrzeugs stehen, time is money.
Eine gute Wegfahrsperre sollte auch keine Hintertüre haben, mit der sie einfach universell "Schach matt" gesetzt werden kann. Wenn es dann einen Defekt gibt, hat man eben den Nachteil, ohne erheblichen Aufwand auch selbst keinen Zugriff mehr auf das Fahrzeug zu haben.
Die Systeme, von denen ich bei unseren mechanisch geregelten Motoren gehört habe (gesehen habe ich noch keins, außer auf Bildern!) zielen meist darauf ab, die Kraftstoffzufuhr zu unterbinden, indem die Stromzufuhr zum ELAB unterbrochen wird. Damit man das nicht umgehen kann, indem man einfach einen "Bypass" legt (wobei schon dieser Aufwand eine ganze Anzahl besoffener oder sonstwie verdrogter Zeitgenossen an einer Spritztour hindert und daher besser ist als nichts), findet die Unterbrechung direkt am ELAB unter einer Schutzpanzerung statt, die man nicht eben mal schnell wegschrauben kann. Dieses Teil erhält den Befehl zur Freigabe als verschlüsseltes Signal vom Lesegerät, sodass man auch nicht einfach irgendwo Spannung anlegen kann und es öffnet dann. Angriffe mit Gewalt (Hochspannung, Hitze, EMP, 6kg-Hammer, Säure) beschädigen das Teil "failsafe", dh. der LT lässt sich dann garnicht mehr starten, auch nicht mehr mit dem richtigen Schlüssel (RFID oder sonstwas am Zündschloss, versteckter Schlüssel- oder sonstiger Schalter). Die "Brute Force"-Attacke ist dann, die gesicherte ESP ganz gegen eine ungesicherte auszutauschen, mit allen Einstellarbeiten und stundenlangem Aufwand.
Alle anderen Systeme, etwa Sperren des Anlassers durch eine entsprechend gesicherte Unterbrechung von Klemme 50 oder Unterbrechung des Glühstroms, sind sehr leicht zu umgehen (Anschieben, Anschleppen, lange orgeln lassen) und damit kaum wirksam. Damit sind die elektrischen Eingriffsmöglichkeiten an unseren mechanisch geregelten Motoren auch schon erschöpft. Bei Benzinern kann man noch wichtige Teile der Zündung mitnehmen, um den Wagen zu sichern, zB. den Verteilerfinger oder das Zündkabel zum Verteiler.
Dann schätze ich, drehen 95% der ungebetenen Besucher wieder ab, vermutlich leider nicht, ohne vorher noch Verwüstungen anzurichten und natürlich Beschädigungen beim Öffnen des Wagens verursacht zu haben.
Gruß,
Tiemo